Grüppchenbildung hört nie auf. Zumindest nie ganz, so schlimm wie in der Sekundarstufe I wird es wohl nach der 10. Klasse oder dem Abitur niemals werden, und doch habe ich heute einen weiteren beweis gefunden, dass Asienwissenschaftler sich teilweise wie in der Pubertät benehmen. Wir machen es nicht absichtlich, das will ich niemandem unterstellen, doch unterbewusst allemal. Heute war wieder so ein Tag, an dem ich es beobachten konnte.
Von unserem Ost- und Zentralasienmodul aus sind wir heute ein Ort weiter nach Sankt Augustin gefahren. In dem Kloster dort gibt es ein sinologisches Institut mit einer weltweit anerkannten Zeitschrift, der "Monumenta Serica". Ich möchte jetzt nicht ausholen, was ich da heute alles darüber erfahren habe. Auf jeden Fall trafen sich die Studenten an der Bahnhaltestelle an der Universität und schon bei den Treppen herunter zu der Station ging es los.
Es wurde sich sofort in den allerlei Grüppchen eingeteilt, die dieses Modul in unserem Semester zu bieten hat, von denen die dabei waren. Ich verkneife es mir jetzt, die jeweiligen Gruppen aufzuzählen und zu beschreiben, da es wahrscheinlich in nicht sehr ansehnlichen Beleidigungen ausufern würde, die diese Menschen teilweise nicht verdient haben, aber so bin ich eben, bitte verzeiht mir.
Dieses Phänomen sieht man überall in unserem Studiengang besser, als es schlechte Filme über amerikanisches High School Leben je könnten. Es gibt die, die sich für cool halten, die Tussen, die Normalos, die Alternativen... Und dann gibt es diejenigen, die von einem Großteil der Anderen ignoriert werden, sich aber auch einen Scheißdreck darum scheren, weil sie eh bloß ihre Ruhe wollen.
Ja, dazu gehöre ich. Gerade an der Uni mit meinen mittlerweile 24 Jahren will ich nicht in irgendetwas rein gezogen werden. Ich will meine paar Freunde, ich will lernen, was ich interessant finde, ansonsten will ich meine Ruhe. Ich muss zugeben, dass an der Uni die Toleranz dafür höher ist als in der Schule, dennoch ging mir gerade heute, wo ich mich mit Hanna, Samira und Roman wieder mehr oder weniger uninteressiert und gelangweilt abgewendet habe, ein Begriff durch den Kopf. Schwarze Fraktion.
Dazu muss ich ausholen, denn zum Einen ist es ein Teil meiner Geschichte und zum Anderen glaube ich, dass jede soziale Gruppe so etwas braucht. Außerdem ist die Schwarze Fraktion ein Teil meines Closed Circle-Lebens und war es immer gewesen. Es ist eine sozialpsychologische Sache, die in meinen Augen kaum Beachtung bekommt und in den Massenmedien der USA höchstens parodiert wird.
Es war nie so, dass ich der große Beliebte war, noch dass ich der Verhasste war. Sobald vernünftiges selbstständiges Denken einsetzte, stand ich etwas außerhalb vom Rest, doch nie allein. Von der 7. bis zur 10. Klasse hatte ich meine Freunde in meiner Klasse. Wir waren nicht die Superhelden, wir waren unter uns und interagierten, wenn es nötig war. Micha, Felix, Andi, Markus und ich waren da ziemlich eingespielt.
Mit der Elften wurde es etwas anders. Micha ging nach England, Markus machte mehr mit anderen Leuten, dafür kamen andere dazu: Flexe, Eileen, Henny und Willy. Wir waren fast immer in dieser Gruppe zusammen in und außerhalb der Schule und lebten eben das Leben von 16 bis 17 Jährigen Abiturienten in einer der ländlichsten Gegenden Deutschlands ohne große Perspektiven für diese Zeit. Die Leute in der Schule sollten machen, was sie wollen, so lange sie uns damit in Ruhe ließen. Dies war ein Grund, für das Folgende.
Wir wurden als Anti bezeichnet. Wir waren gegen alles, so zumindest wurde es uns nachgesagt. Stimmte nicht wirklich, jeder von uns war in die ein oder andere Sache außerhalb und innerhalb der Schule verwickelt, bei mir war es hauptsächlich der Zusammenhalt und die Leitung des Jugendclubs in meiner Heimatgemeinde. Dass dann am Ende meine inkompentente Deutschlehrerin für diese Bezeichnung verantwortlich war, macht eigentlich alles wett, was sie mir im Unterricht angetan hatte. "Ihr seid ja eh die Schwarze Fraktion..." sagte sie zu uns, als sie kurz überlegt hatte, uns zu unserer Meinung über eine Diskussion zwischen ihr und ihren Tussen zu befragen. Wir hatten es einfach angenommen und hatten dies die nächsten 2,5 Jahre nicht mehr aufgegeben.
Heute an der Uni ist es wieder so. Je nach Fachbereich und Leute im Modul bzw im Seminar ist es immer das Gleiche. Es gibt immer diejenigen, denen vieles bis alles egal ist, die einfach nur ihre Ruhe wollen und ich gehöre immer noch dazu. Ich muss einfach nicht mit mehr Menschen interagieren als nötig.
Schwarze Fraktion & Closed Circle
Wahrscheinlich passt da einfach am besten der Spruch "Gleich und Gleich gesellt sich gern". Ich finde immer die Menschen, die die gleiche Einstellung wie ich haben und daraus resultiert eben der Closed Circle. Ob nun in der Schule, im Jugendclub oder in der Uni. Ich brauche diese Menschen sehr, sie geben mir ein Gefühl der Sicherheit. Daher will ich, mal wieder, mit einer Danksagung schließen, dieses Mal an alle, die mich durch mein leben begleitet haben:
Dank an:
Andrea, Willy, Henny, Eileen, Felix, Micha, Punka, Knecht, Sandor, Nisi, Tinky, Isi, Marja, Kerstin, Haik, Anja, Markus, Flexe.